top of page
  • RA Kai Recklies

BGH stärkt Mieterrechte bei Modernisierungsmieterhöhungen


Mieterhöhung Modernisierung

Modernisiert ein Vermieter die Wohnung, folgt meist prompt die Mieterhöhung. Ein Urteil des Bundesgerichtshofs schränkt nun den Spielraum der Vermieter erheblich ein.

Mieter, die sich nach Modernisierungsarbeiten am Haus die Miete nicht mehr leisten können, dürfen vom Vermieter nicht einfach auf eine kleinere Wohnung verwiesen werden. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe am 09.10.2019 entschieden. Die Frage, ob die Wohnungsgröße angemessen sei, spiele bei der Interessensabwägung zwar eine Rolle. Es müssten aber alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden. Dabei komme es zum Beispiel auch auf die Verwurzelung des Mieters in der Wohnung oder seine gesundheitliche Verfassung an. (Az. VIII ZR 21/19)

Modernisierungskosten dürfen bis zu einer bestimmten Grenze auf die Miete aufgeschlagen werden. Das Gesetz schützt aber Mieter, die eine Erhöhung derart hart trifft, dass diese "auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist".

Ein Hartz-IV-Empfänger aus Berlin, der allein in einer knapp 86 Quadratmeter großen Wohnung lebt, hat sich nach der Entscheidung des BGH zu Recht auf diese Härte berufen. Der Mann war im Jahr 1962 als Fünfjähriger mit seinen Eltern in die Wohnung gezogen und lebt seither dort. Trotzdem ist noch nicht entschieden, ob er nach einer Modernisierung - wie von der Vermieterin gefordert - 240 Euro mehr Miete zahlen muss. In bestimmten Ausnahmefällen ist der Härteeinwand generell nicht möglich.

Im Revisionsverfahren hat die Vermieterin geltend gemacht, dass für einen Einpersonenhaushalt eine Wohnfläche von 50 Quadratmetern angemessen sei. Die Wohnung des – Arbeitslosengeld II beziehenden – Mieters übersteige diese Grenze erheblich. Die Entscheidung des Landgerichts laufe darauf hinaus, dass der Vermieter den "Luxus" des Mieters zu finanzieren habe.

Der Bundesgerichtshof lässt diesen Einwand der Vermieterin nicht gelten: Der Umstand, dass ein Mieter gemessen an seinen wirtschaftlichen Verhältnissen und seinen Bedürfnissen eine viel zu große Wohnung nutzt, muss in der Abwägung der beiderseitigen Interessen zu Lasten des Mieters einbezogen werden, es gelte aber auch abzuwägen, ob der Mieter trotz des Refinanzierungsinteresses des Vermieters seinen bisherigen Lebensmittelpunkt beibehalten darf. Den Einwand der Vermieterin, der Mieter sei gehalten gewesen, einen Teil der Wohnung unterzuvermieten und sich dadurch finanzielle Mittel zu verschaffen, wurde nicht berücksichtigt.

Weiter sei zu beachten, dass nicht nur der Vermieter, sondern auch der Mieter den Schutz der Eigentumsgewährleistung des Art. 14 Abs. 1 GG genießt. Die Härtefallregelung sehe vor, dass die Gerichte die Bedeutung und Tragweite seines Bestandsinteresses hinreichend erfassen und berücksichtigen. Die einer Berufung auf einen Härtefall entgegenstehende Unangemessenheit einer Wohnung könne nicht isoliert nach der Wohnungsgröße bestimmt werden. Ob die vom Mieter genutzte Wohnung für seine Bedürfnisse deutlich zu groß ist, muss nach Auffassung des BGH unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls – etwa der Verwurzelung des Mieters in der Wohnung und seiner gesundheitlichen Verfassung – geprüft werden.

Der BGH hat damit das Vorliegen einer unzumutbaren Härte gebilligt, hob aber das Berufungsurteil auf und verwies den Fall an das Landgericht Berlin zurück, damit – gegebenenfalls nach ergänzendem Sachvortrag der Parteien – die erforderlichen Feststellungen getroffen werden können, ob Ausnahmefälle des § 559 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 und 2 BGB vorliegen, die den Härteeinwand des Mieters gesetzlich ausschließen.


0 Kommentare

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen
bottom of page