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  • Constantin Uhl

Einfamilienhaus oder nicht - Ausschlaggebend ist die tatsächliche Nutzung



Das Landgericht Wuppertal (Urteil vom 15.08.2023 - 4 O 376/22) hat eine für Makler äußerst relevante Entscheidung im Zusammenhang mit der Beweisführung hinsichtlich der Einhaltung der Ende des Jahres 2020 eingeführten Regelung zur Provisionsteilung (Halbteilungsgrundsatz) getroffen.

 

Im Jahre 2022 bot die als Maklerin tätige Klägerin im Auftrag des Verkäufers eine Immobilie zum Kauf an, bestehend aus zwei Wohnungen und einem separat angebauten Ladenlokal. Die Beklagte erhielt von der Klägerin das Exposé zur Immobilie, nachdem sie der Zahlung einer Maklercourtage in Höhe von 4,76 % zustimmte. Der Verkäufer unterschrieb jedoch einen anderen Vertrag mit abweichenden Konditionen, aufgrund derer dieser einen deutlich geringeren Prozentsatz als die 4,76 %, welche die Käuferin zahlen musste, zu zahlen verpflichtet war. Dies äußerte der Verkäufer kurz vor der notariellen Beurkundung..

 

Die Beklagte kaufte die Immobilie zu einem Preis von 630.000 Euro, sowie Inventar für weitere 20.000 Euro. In der Vertragsurkunde wurde die Immobilie als „bebaut mit einem Mehrfamilienhaus und einem Geschäftsgebäude“ angegeben. Die Klägerin ist der festen Überzeugung, das Gebäude sei entsprechend seiner Gestaltung und Nutzung bei Verkauf nicht als Einfamilienhaus im Sinne des § 656c BGB anzusehen. Daraufhin beantragte sie, dass an sie ein Betrag in Höhe von 29.998 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 01.10.2022 zu zahlen sei.

 

Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Klage fallen gelassen werden müsse, da  die Klägerin ihrer Ansicht nach gegen § 656c Abs. 2 BGB verstoßen hatte. Zudem behauptet sie, dass der Mitarbeiter der Klägerin absichtlich den Verkauf an sie verzögert hatte, um für die Klägerin den Provisionsanspruch zu erhalten, der von ihr wegen des Verstoßes gegen den Halbteilungsgrundsatz nicht mehr zu erlangen gewesen sei.

 

Das Landgericht Wuppertal hat den Rechtsstreit zu Gunsten der Maklerin entschieden. Aufgrund des geschlossenen Maklervertrages und der erbrachten Nachweistätigkeit hat die Maklerin gegenüber der Käuferin einen Provisionsanspruch. Der sachliche Anwendungsbereich des § 656c Abs. 1 S. 1 BGB und das so genannte Halbteilungsprinzip sei nicht erfüllt, da das Erwerbsobjekt zum Zeitpunkt des Abschlusses des Maklervertrags kein Einfamilienhaus war. Der Begriff des Einfamilienhauses erfasst nach dem allgemeinen Sprachgebrauch Gebäude, die in erster Linie den Wohnzwecken eines Haushalts zu dienen bestimmt sind. Zur Feststellung der Eigenschaften als Einfamilienhaus sei auf die tatsächliche Nutzung bei Abschluss des Maklervertrags zu achten. Das vorliegende erworbene Objekt sei jedoch kein Einfamilienhaus, da dies über zwei separat erreichbare Wohnungen verfügt mit eigenem Eingang, Stromversorgung und Küche. Das Objekt verfügt über fremdvermietete Gewerberäume, die nicht dem Wohnen der Familie dienen, sondern an ein angebautes Ladenlokal vermietet werden, wofür die Beklagte 420 Euro Kaltmiete bekommt.


Auch kam das Gericht zum Ergebnis, dass der Anspruch der Klägerin entgegen dem Vortrag der Beklagten nicht verwirkt sei im Sinne des § 654 BGB, da eine Treuepflichtverletzung der Klägerin nicht festzustellen gewesen sei.


Die Entscheidung des Landgerichts Wuppertal ist noch nicht rechtskräftig. Sie zeigt auf, dass Makler bei Unsicherheit über die Frage, ob die zu vermittelnde Immobilie ein Einfamilienhaus darstellt oder nicht, sicherheitshalber immer das Gesetz anwenden und den Halbteilungsgrundsatz berücksichtigen sollten, um nicht Verträge abzuschließen, die sich im Nachhinein als unwirksam im Sinne des § 656c Abs. 2 BGB herausstellen. Hier entschied das Gericht zu Gunsten der Maklerin, da es sich seiner Ansicht nach nicht um ein Einfamilienhaus handelte und die Beklagtenseite den gegenteiligen Beweis nicht führen konnte.

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