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Modernisierungsmieterhöhung: BGH bestätigt Prognose-Prinzip und kippt Verbrauchsvergleich

  • Autorenbild: RA Kai Recklies
    RA Kai Recklies
  • vor 3 Tagen
  • 3 Min. Lesezeit

Mit Urteil vom 26.03.2025 (Az. VIII ZR 282/23) hat der Bundesgerichtshof grundlegend dazu Stellung genommen, wie eine nachhaltige Endenergieeinsparung im Rahmen einer energetischen Modernisierung festzustellen ist und wer im Streitfall die Beweislast trägt.

 

Die Beklagte (Vermieterin) kündigte den Klägerinnen (Mieterinnen) im März 2017 die Modernisierung der Heizungsanlage an. Geplant war der erstmalige Einbau einer Gaszentralheizung mit zentraler Warmwasseraufbereitung, welche die bis dahin in den Wohnungen vorhandenen Einzelöfen (Kombithermen) ersetzen sollte. Nach Durchführung der Maßnahme erklärte die Vermieterin eine Erhöhung der monatlichen Miete ab dem 1. Januar 2018 um 39 EUR auf 499 EUR. Die Mieterinnen zahlten diesen Betrag bis zur Beendigung des Mietverhältnisses Ende April 2019.

 

Anschließend verlangten die Mieterinnen die Rückzahlung der ihrer Ansicht nach ohne Rechtsgrund gezahlten Mieterhöhungsbeträge in Höhe von insgesamt 624 EUR. Das Amtsgericht gab der Klage statt. Das Landgericht wies die Berufung der Vermieterin zurück und begründete dies – nach Einholung eines Sachverständigengutachtens – damit, dass die Mieterhöhung materiell unwirksam sei. Zwar sei die Maßnahme eine energetische Modernisierung nach § 555b Nr. 1 BGB, es fehle aber am Nachweis einer nachhaltigen Endenergieeinsparung. Das Gericht war der Auffassung, eine solche Einsparung könne nur durch einen Vergleich der tatsächlichen Verbrauchsdaten über einen Zeitraum von jeweils vier bis fünf Jahren vor und nach der Modernisierung festgestellt werden. Da für den Zeitraum vor der Maßnahme keine tatsächlichen Verbrauchswerte vorlagen – die Mieter hatten zuvor eigene Gasverträge –, konnte der Sachverständige eine Einsparung nicht feststellen. Diese fehlende Aufklärbarkeit ging nach Ansicht des Landgerichts zulasten der beweisbelasteten Vermieterin. Die hiergegen gerichtete Revision der Vermieterin hatte Erfolg.

 

Der BGH hob das Urteil des Landgerichts auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung zurück. Die Begründung des Berufungsgerichts halte einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Der BGH stellte klar, dass das Berufungsgericht sowohl bei der Beurteilung der materiellen Voraussetzungen für die Mieterhöhung als auch bei der Verteilung der Beweislast von einem falschen rechtlichen Maßstab ausgegangen ist.

 

1. Maßstab für die Feststellung der Energieeinsparung

 

Seitens des BGH wurde ausgeführt, dass die Annahme des Berufungsgerichts, eine nachhaltige Endenergieeinsparung könne ausschließlich durch einen Vergleich des tatsächlichen Verbrauchs über mehrere Jahre festgestellt werden, rechtsfehlerhaft ist.

 

Für eine Mieterhöhung nach § 559 Abs. 1 BGB a.F. genügt es, wenn zum Zeitpunkt der Mieterhöhungserklärung eine durch die bauliche Maßnahme verursachte, messbare und dauerhafte Energieeinsparung objektiv zu erwarten ist (Ex-ante-Prognose).

 

Der tatsächliche Energieverbrauch wird von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst, die nicht in der Hand des Vermieters liegen, wie z.B. das Wetter, Leerstand oder individuelles Nutzerverhalten der Mieter. Ein reiner Verbrauchsvergleich kann daher nicht sicher belegen, ob eine Einsparung kausal auf die Modernisierungsmaßnahme zurückzuführen ist.

 

Der Gesetzgeber hat in §§ 555c Abs. 3 und 559b Abs. 1 Satz 3 BGB die Möglichkeit geschaffen, auf anerkannte Pauschalwerte zurückzugreifen, um die Darlegung der Energieeinsparung zu vereinfachen. Diese Vereinfachung würde unterlaufen, wenn letztlich doch ein langjähriger Verbrauchsvergleich gefordert würde.

 

Eine Wartezeit von vier bis fünf Jahren, um Verbrauchsdaten zu sammeln, sieht das Gesetz nicht vor und würde den Vermieter unverhältnismäßig belasten. Dies widerspräche dem gesetzgeberischen Ziel, Anreize für energetische Sanierungen zu schaffen.

 

Die Beurteilung der zu erwartenden Einsparung hat der Tatrichter – gegebenenfalls mit sachverständiger Hilfe – auf Grundlage der baulichen Gegebenheiten und anerkannter Pauschalwerte vorzunehmen.

 

2. Verteilung der Darlegungs- und Beweislast

 

Zudem rügte der BGH die fehlerhafte Annahme des Berufungsgerichts zur Beweislast.

 

Verlangt der Mieter – wie hier – die Rückzahlung bereits geleisteter Mieterhöhungsbeträge nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB (ungerechtfertigte Bereicherung), so trägt er als Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast für das Fehlen des Rechtsgrundes.

 

Die Klägerinnen (Mieterinnen) hätten somit darlegen und beweisen müssen, dass die Voraussetzungen für die Modernisierungsmieterhöhung nicht vorlagen. Die Vermieterin trifft in diesem Fall nur eine sekundäre Darlegungslast. Das Berufungsgericht hatte die Beweislast fälschlicherweise der Vermieterin aufgebürdet.

 

Praxistipp:

 

Die Entscheidung des BGH schafft erhebliche Klarheit für die Praxis. Eine nachhaltige Einsparung von Endenergie als Voraussetzung für eine energetische Modernisierungsmieterhöhung muss nicht durch einen Vergleich der tatsächlichen Verbräuche vor und nach der Maßnahme nachgewiesen werden. Ausreichend ist eine objektive Prognose zum Zeitpunkt der Mieterhöhungserklärung, dass durch die Baumaßnahme eine messbare und dauerhafte Einsparung zu erwarten ist. Vermieter und Verwalter können sich zur Begründung auf anerkannte Pauschalwerte stützen.

 

Prozessual ist von entscheidender Bedeutung, wer klagt: Bei einer Klage des Vermieters auf Zahlung der erhöhten Miete trägt dieser die Beweislast für die Voraussetzungen der Mieterhöhung. Klagt jedoch der Mieter auf Rückzahlung bereits geleisteter Erhöhungsbeträge, liegt die Beweislast für das Nichtvorliegen der Modernisierungsvoraussetzungen bei ihm.

 

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