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  • RA Michael Recklies

BGH schafft Erleichterung für Verwalter bei formaler Behandlung gefasster Beschlüsse


Mit seiner Entscheidung vom 08.04.2016 – V ZR 104/15 – hat der Bundesgerichtshof den von der Instanzenrechtsprechung der Amts- und Landgerichte geschaffenen formalen Rahmen zur Wirksamkeit protokollierter Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung eine Erweiterung verliehen. Denn nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs kann in einem Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung zur Konkretisierung der durch Beschluss getroffenen Regelung auf ein außerhalb des Protokolls befindliches Dokument Bezug genommen werden, wenn dieses Dokument im Wortlaut des Beschlusses zweifelsfrei bestimmt ist.

Zugrunde lag die Beschlussfassung einer Eigentümergemeinschaft, die für die einzelnen Kostenpositionen in einer Vorjahresabrechnung verwandten Verteilerschlüssel auch für zukünftige Abrechnungen zu verwenden, wobei das Jahr der Abrechnung im Beschluss genau genannt war.

In der Eigentümerversammlung des Jahres 2013 beschloss die Gemeinschaft die Genehmigung der Wohngeldabrechnung für das Jahr 2012, wobei die Abrechnung des Verwalters denjenigen Verteilungsschlüssel enthielt, der nach dem Jahre vorher gefassten Beschluss auch für zukünftige Abrechnungen verwendet werden sollte.

Auf Anfechtungsklage eines Mitglieds der Gemeinschaft erklärte das Amtsgericht diesen Beschluss über die Wohngeldabrechnung 2012 für unwirksam. Es hielt den Beschluss mangels hinreichender Bestimmtheit für nichtig. Das Amtsgericht hielt nicht für zulässig, einen von der Gemeinschaftsordnung abweichenden Abrechnungsschlüssel zu bestimmen, ohne dass dieser Abrechnungsschlüssel im Wortlaut des Beschlusstextes selber wiedergegeben wird.

Das gegen diese Entscheidung angerufene Landgericht teilte die Auffassung des Amtsgerichtes nicht und wies die Klage ab.

Die Revision der Klagepartei blieb ohne Erfolg.

Der Bundesgerichtshof weist zunächst in seiner Entscheidung darauf hin, dass die Wohnungseigentümer nach § 16 Abs. 3 WEG die Abrechnung über die Betriebs- und Verwaltungskosten eines Abrechnungszeitraums in Bezug auf den Umlageschlüssel durch Mehrheitsbeschluss ändern können, soweit dies ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht.

Die Wirksamkeit des Beschlusses über die Änderung des Kostenverteilungsschlüssels wird nicht deshalb in Frage gestellt, weil der künftig anzuwendende Umlegungsmaßstab etwa nicht in den Beschlusstext selbst wiedergegeben, sondern insoweit auf den in der Jahresabrechnung früherer Jahre verwendeten Verteilungsschlüssel Bezug genommen wird.

Zwar muss der Inhalt des Eigentümerbeschlusses, um die Bindung eines Sonderrechtsnachfolgers an den Beschluss nach § 10 Abs. 4 WEG herzustellen, inhaltlich bestimmt und klar sein.

Dies bedeutet aber nicht, dass sich der Text des Eigentümerbeschlusses zur Konkretisierung der getroffenen Regelung nicht auf Dokumente außerhalb des Protokolls beziehen darf. Es ist allgemein anerkannt, dass der Wortlaut des Beschlusses zur näheren Erläuterung inhaltlich Bezug auf Urkunden oder Schriftstücke nehmen darf, wie dies beispielsweise bei der Beschlussfassung über den Wirtschaftsplan oder die Jahresabrechnung und häufig auch bei Sanierungsbeschlüssen nach Kostenvoranschlag oder auf der Grundlage eines Gutachtens geschieht.

Der Bestimmtheitsgrundsatz verbietet also nicht, dass ein Beschluss nur durch ein Dokument, auf das er Bezug nimmt, gedeutet werden kann.

Dies gilt, wie der BGH ausführt, auch für Beschlüsse über die Änderung des Verteilungsschlüssels im Sinne von § 16 Abs. 3 WEG, da für die Zulässigkeit von Bezugnahmen nicht nach dem Beschlussgegenstand differenziert werden kann.

Allerdings erfordert das Gebot der inhaltlichen Klarheit und Bestimmtheit, dass das in Bezug genommene Dokument im Wortlaut des Beschlusses zweifelsfrei bestimmt ist. Denn nur dann ist sichergestellt, dass ein Dritter, insbesondere ein Rechtsnachfolger eines Wohnungseigentümers dem Beschluss entnehmen kann, welchen Inhalt er hat.

Die Publizität der auch gegen Sonderrechtsnachfolger wirkenden Beschlüsse wird dadurch gewährleistet, dass – jedenfalls bei Beschlüssen, die die Gemeinschaftsordnung aufgrund einer gesetzlichen oder vereinbarten Öffnungsklausel ändern – das in Bezug genommene Schriftstück auch in die Beschlusssammlung oder eine Anlage zu dieser aufzunehmen ist, wenn gleich dies keine konstitutive Wirkung für das Zustandekommen des Beschlusses hat.

Für den Praktiker ergibt sich aus dieser Entscheidung damit die Empfehlung, bei Beschlussfassungen, in deren Rahmen auf ein außerhalb des Wortlauts des Beschlusses liegendes Dokument Bezug genommen wird, dieses Dokument als Anlage zum Protokoll, das den Beschluss enthält, in die Beschlusssammlung aufzunehmen.

Auf diese Weise ist nach Auffassung des Bundesgerichtshofs die Rechtswirksamkeit derartiger Beschlüsse auch gegenüber dem Sonderrechtsnachfolger eines Wohnungseigentümers sichergestellt.


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